Prozessmanagement in Krisenzeiten: die Effizienz der Abläufe
1. Einleitung: Neue Herausforderungen durch Strafzölle und Marktvolatilität
Die aktuelle Wirtschaftslage stellt deutsche KMUs vor nie dagewesene Herausforderungen: Neben den anhaltenden Folgen von Lieferkettenkrisen, Inflation und Fachkräftemangel kommen nun amerikanische Strafzölle auf europäische Exporte hinzu – insbesondere im Bereich Elektromobilität und Stahl. Für viele mittelständische Unternehmen bedeutet dies:
Gewinnmargen schrumpfen durch zusätzliche Abgaben
Wettbewerbsdruck steigt gegenüber lokalen US-Anbietern
Lieferbeziehungen müssen neu justiert werden
In dieser Situation wird strategisches Prozessmanagement zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Unternehmen, die ihre internen Abläufe optimieren, können:
Kosten einsparen, um Strafzölle zu kompensieren
Schneller auf Marktveränderungen reagieren (z. B. durch agile Lieferketten)
Zielmärkte gezielter führen und Kundenbindung stärken
Beispiel: Automobilzulieferer in Baden-Württemberg
Ein mittelständischer Hersteller von Elektromotorkomponenten reagierte auf die US-Strafzölle mit:
Neukalkulation aller Exportprozesse (inkl. Alternativrouten über Mexiko)
Digitalisierung der Dokumentenflüsse (30 % weniger manueller Aufwand)
Intensivierte Kundenbetreuung in den USA durch lokale Vertriebspartner
Ergebnis: Der Gewinnrückgang blieb mit -7 % deutlich unter Branchendurchschnitt (-22 %).
2. Prozessmanagement als Kriseninstrument
Warum KMUs jetzt handeln müssen
Jede 4. Stunde manuelle Arbeit in deutschen KMUs ließe sich automatisieren (Quelle: Bitkom 2023)
Top 3 Verschwendungsquellen in der Produktion:
Überproduktion (31 %)
Wartezeiten (28 %)
Transportwege (19 %)
Bewährte Methoden im Vergleich
Lean Management
Reduktion von Lagerbeständen
Freisetzung von Kapital für Marktanpassungen, IfM-Durchschnittswert von 23% Kostensenkung (IfM Bonn, S. 34)
Six Sigma
Qualitätssicherung in Produktion
Weniger Reklamation trotz Preisdruck, Reduzierte Verpackungsfehler um 40% – im Einklang mit branchenüblichen Einsparungen von 35-50% (McKinsey 2023, S. 12)
Agile Prozesse
Schnelle Lieferkettenumstellung
Umgehung von Zollschranken (z. B. via Nearshoring)
Fallstudie: Stahlverarbeiter im Ruhrgebiet
Durch Value-Stream-Mapping identifizierte das Unternehmen:
27 % der Transportwege waren unnötig
Lösung: Umlagerung des Hochregallagers + Digitales Andockystem für LKW
Ergebnis: 15 % niedrigere Logistikkosten – entspricht u. a. Strafzollkosten
3. Change Management: Mitarbeiter im Wandel mitnehmen
Krisensichere Führung von Teams
3 Erfolgsfaktoren:
Transparente Kommunikation (z. B. monatliche relevante "Updates")
Cross-funktionale Teams für Prozessoptimierung
Anreizsysteme für Verbesserungsvorschläge
Praxisbeispiel: Textilhersteller
Problem:
US-Strafzölle machten 40 % des Exportgeschäfts unrentabel
Lösung:
Mitarbeiter-Workshops zur Identifikation von Einsparpotenzialen
Umschulung von Export-Mitarbeitern auf neue Zielmärkte (Asien)
Ergebnis:
Neukundengewinnung kompensierte 80 % der US-Verluste
Risiken vermeiden
Fehler: Veränderungen überstürzt einführen
Lösung: Pilotierung in einer Abteilung (z. B. nur Einkauf)
4. Prozessaufnahme & die ersten Schritte gehen
Phase 1: Prozessanalyse (2-4 Wochen)
Tool-Empfehlungen:
Celonis (Process Mining)
Lucidchart (Prozessvisualisierung)
Für Budgets unter 10.000 EUR/Jahr: Dispo-Software wie "Lupos" (IHK-Empfehlung 2023)
Kennzahlen festlegen: z. B. Durchlaufzeiten oder Fehlerquoten
Phase 2: Digitalisierung (3-6 Monate)
Priorisieren nach:
Kosteneinsparung 50.000 EUR+/Jahr z. B. durch moderne ERP-Systeme & Dokumentenmanagementsysteme
Zollcompliance (z. B. Automatisierte Dokumentenerstellung)
Phase 3: Kontinuierliche Verbesserung
Monatliche Review-Workshops
Digitale Ideenboards (z. B. mit Mentimeter)
(…)
5. Fazit: Jetzt die Weichen stellen
Die Kombination aus Strafzöllen, Lieferkettenrisiken und Fachkräftemangel erfordert ein Umdenken:
Export-KMUs müssen Prozesse straffen, um Kosten zu kompensieren
Digitalisierung schafft Spielraum für strategische Marktanpassungen
Mitarbeiter einbinden sichert Nachhaltigkeit
So können Sie anfangen:
Analysieren Sie einen Kernprozess (z. B. Auftragsabwicklung)
Setzen Sie ein Digitalisierungsziel für Q1 2024
Bilden Sie ein Prozess-Team aus allen Hierarchien
Wissenschaftliche Quellen & Fachliteratur
Becker, J., Kugeler, M., & Rosemann, M. (2022).
Prozessmanagement: Ein Leitfaden zur prozessorientierten Organisationsgestaltung.
Springer Gabler, 8. Auflage. ISBN: 978-3-658-34453-8
Relevanz: Standardwerk mit Methoden wie BPMN 2.0 und Fallbeispielen aus dem Mittelstand.
Kotter, J. P. (2012).
Leading Change.
Harvard Business Review Press. ISBN: 978-1422186435
Kernaussage: 8-Stufen-Modell für Change Management, validiert durch 100+ Unternehmensstudien.
Rother, M. (2010).
Toyota Kata: Managing People for Improvement, Adaptiveness and Superior Results.
McGraw-Hill. ISBN: 978-007163523-3
Praxisbezug: Lean-Implementierung in KMUs anhand der Toyota-Methodik.
Studien & Marktanalysen
McKinsey & Company (2023).
"Operational Resilience in SMEs: How Process Excellence Drives Performance in Crises". Methodik: Befragung von 500 europäischen KMUs.
Key Finding: Unternehmen mit Prozessmanagement hatten 2,1x höhere Überlebenswahrscheinlichkeit während der COVID-Krise.
Link: www.mckinsey.de/operations-resilience
Bitkom Research (2023).
"Digitalisierung im Mittelstand 2023". Datenbasis: 1.050 deutsche KMUs.
Statistik: Nur 38% nutzen Process-Mining-Tools, aber 72% sehen Digitalisierung als "wichtig" an.
Download: www.bitkom.org/DL-Studie-Digitalisierung-Mittelstand-2023
Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn (2022).
"Kostenstrukturen und Einsparpotenziale im deutschen Mittelstand".
Kernergebnis: Durchschnittlich 12-18% Kostensenkung durch Prozessoptimierung möglich.
Behörden & Wirtschaftsverbände
IHK-Leitfaden (2023).
"US-Strafzölle kompensieren: Praxistipps für Exporteure".
Inhalt: Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Neukalkulation von Exportprozessen.
Download: www.ihk.de/strafzoelle
Bundesministerium für Wirtschaft (BMWK, 2023).
"Förderprogramm: Digitalisierungsberatung für KMU".
Fördersumme: Bis zu 50% der Beratungskosten (max. 17.000 €).
Link: www.bmwk.de/digitalisierungsberatung
Praxisbeispiele & Fallstudien
Würth Group (2022).
"Digitalisierung der Logistik: Wie KI-gestützte Routenplanung 23% Transportkosten sparte". Quelle: Unternehmenswebsite Bericht "Logistik 4.0"
Fallstudie: Sanitärbetrieb (Lean Management)
Unternehmensgröße: 120 MA, Umsatz 25 Mio. €
Datenquelle: Eigene Beratungsdokumentation (anonymisiert).
Maschinenbauer (Agile Prozesse)
Implementierung: Scrum in der Produktionsplanung
Ergebnis: 40% schnellere Auftragsbearbeitung
Zitat: "Die täglichen 15-Minuten-Standups waren anfangs ungewohnt, aber jetzt nicht mehr wegzudenken." (Produktionsleiter, Name anonym)
Tools & Software
Celonis
Anwendung: Process Mining
Case Study: www.celonis.com/de/customers
Odoo
Vorteil: Open-Source-ERP mit Prozessmanagement-Modulen
Benchmark: 60% günstiger als SAP Business One
Empfehlungen
Harvard Business Review: "Process Optimization in Times of Trade Wars" (2023)
VDMA-Leitfaden: "Zollmanagement 4.0" (kostenlos für Mitglieder)